Beschreibung
Sicher, der hundertste Jahrestag der russischen Doppelrevolution vom Februar und Oktober 1917 wirft die Frage nach deren geschichtlicher Bedeutung auf und danach, inwieweit dieses historische Ereignis von Bedeutung ist für die sozialen und politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart. Und selbstverständlich für die Suche nach erfolgversprechenden Wegen zu einem überlebensfähigen Sozialismus, wie die international sehr lebhaften Strategiedebatten und auch die Diskurse über »Post-Kapitalismus« zeigen.
Der hundertste Geburtstag der russischen Revolution ist aber auch ein Grund zum Feiern. Zumindest für uns und viele andere Kommunist*inn*en/Sozialist*inn*en auf allen Kontinenten. Siege soll man feiern. Denn nicht nur aus Niederlagen ist zu lernen. »Reclaiming our victories« schrieb das südafrikanische Theorieorgan »African Communist« jüngst auf seiner Titelseite, was bedeutet, die eigenen Siege verteidigen, für sich beanspruchen, nutzbar machen. Das fällt uns deutschen Linken vor dem Hintergrund unserer spezifischen Geschichte möglicherweise schwerer als anderen. Ein Nebenaspekt, warum wir in diesem Sonderheft anderen den Vortritt gelassen haben.
Den ersten »internationalistischen« Block des Schwerpunktes bilden Beiträge von Kommunisten aus Russland, Indien, Brasilien, Südafrika und Portugal, mit jeweils eigenen Akzenten über Bedeutung der Oktoberrevolution und Lehren aus ihr. Über China, das Ende der kolumbianischen Epoche und das – durchaus von der Oktoberrevolution inspirierte – Ringen um eine andere Weltordnung schreibt Domenico Losurdo.
In einem zweiten Block steht – insbesondere für unsere jüngeren Leser*innen – die Revolution als historisches Ereignis im Mittelpunkt. Unser jüngster Redaktionszugang Gerrit Brüning gibt einen kurzen Überblick über das Jahrhundertereignis Oktoberrevolution. Und ein alter Freund der Marxistischen Blätter, der österreichische Historiker und Kommunist Hans Hautmann, skizziert die Februarrevolution und ihre Entwicklung.
Der dritte Block »Oktoberrevolution in der Diskussion« beginnt mit einem anregenden Vortrag des sozialdemokratischen Historikers Peter Brandt, den er uns freundlicherweise zur Veröffentlichung freigegeben hat. Nina Hager formuliert Lehren aus den 100 Jahren seit Oktober 1917 und Willi Gerns beantwortet Fragen, ob der Sozialismus in Russland scheitern musste. Hochspannend ist auch der Beitrag des Militärhistorikers Lothar Schröter, dem wir die Überschrift »NATO jagt Roter Oktober« gegeben haben. In seinem Zentrum steht die erst seit kurzem zugängliche NATO-Studie »Über die langfristigen Tendenzen in den Ost-West-Beziehungen« vom Mai 1978, die u.a. eine bemerkenswert realistische Analyse des inneren Zustandes der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Länder beinhaltete. Mit diesen Beiträgen ist das Thema für uns noch bei weitem nicht erschöpft. Weitere Beiträge folgen mit Sicherheit in den kommenden Ausgaben unserer Zeitschrift.
Lothar Geisler
Autorenportrait
Es schrieben diesmal:
Peter Brandt, Prof. Dr., Historiker für Neuere und Neueste Geschichte i.R., Fernuniversität Hagen
Gerrit Brüning, Bremen, Student, MBl-Redaktion
José Reinaldo Carvalho, Internationaler Sekretär der PC do B, Brasilien
Alexander Charlamenko, Dr., Historiker, Moskau, Russland
Ludwig Elm, Prof. Dr., Jena, Historiker
Jeronimo de Sousa, Generalsekretär der PCP, Portugal
Raimund Ernst, Münster, Mitherausgeber der Marxistischen Blätter
Gerhard Feldbauer, Dr., Poppenhausen, Historiker
Cristina Fischer, Rostock, Publizistin
Lothar Geisler, Dülmen, MBl-Redaktion
Willi Gerns, Bremen, Mitherausgeber der Marxistischen Blätter i.R.
Nina Hager, Prof. Dr., Berlin, MBl-Redaktion
Hans Hautmann, Prof. Dr., Wien, Historiker, Vorstandsmitglied der Alfred-Klahr-Gesellschaft,
Österreich
Ralf Jungmann, Marburg, Student
Patrik Köbele, Essen, Parteivorsitzender der DKP
Michail Krjukow, Moskau, Schriftsteller, Russland
Anna Kunz, Nürnberg, Studentin der Rechtswissenschaften
Domenico Losurdo, Prof. Dr., Urbino, Philosoph, Italien
Blade Nzimande, Dr., Generalsekretär der SACP und Minister für Hochschule und Bildung, Südafrika
Manfred Scharinger, Wien, trotzkistischer Aktivist und Publizist
Uli Scholz, Berlin, Sekundarschullehrer, stellvertretender GEW-Bezirksvorsitzender
Lothar Schröter, Dr. sc. phil., Militärhistoriker, Vorstandsmitglied der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Brandenburg e.V.
Urte Sperling, Dr., Marburg, Politikwissenschaftlerin und Krankenschwester i.R.
Klaus Wagener, Dortmund, MBl-Redaktion
Andreas Wehr, Berlin, Jurist, Marx-Engels-Zentrum Berlin
Holger Wendt, Dr., Hattingen, Lehrer, MBl-Redaktion
Sitaram Yechury, Generalsekretär der CPI/M, Indien
Leseprobe
Mit Beiträgen von Michail Krjukow, Jelena und Alexander Charlamenko (Russland), Sitaram Yechury (Indien), José Reinaldo Carvalho (Brasilien), Blade Nzimande (Südafrika), Domenico Losurdo (Italien), Jerónimo de Sousa (Portugal), Hans Hautmann (Österreich) und aus der Bundesrepublik: Peter Brandt, Gerrit Brüning, Raimund Ernst, Willi Gerns, Nina Hager, Lothar Schröter